000322 Das Wunder von Fechenheim

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.

Das Wunder von Fechenheim

Als Gelnhausens Landesliga-Team zu seinem vorletzten Saisonspiel in Fechenheim antrat, schwebte das Damoklesschwert über dem Tabellenletzten aus dem Kinzigtal. Bei einer Niederlage stände man bereits als Absteiger fest, bei einem Unentschieden hätte man noch geringe Chancen auf den Klassenerhalt.

Bald sah es danach aus, als würden die Barbarossastädter chancenlos abgeschlachtet. Nach drei Stunden stand es bereits 2:0 für die Frankfurter Gastgeber, und drei weitere Gelnhäuser befanden sich in akuter Lebensgefahr. Stefan Reh spürte den Hauch des Todes, als sein Kontrahent kompensationslos eine Figur erobern konnte. Doch der Fechenheimer übersah die Chance, und Reh erlangte sogar leichten Vorteil. Armin Muth drohte im gegnerischen Angriff unterzugehen. Mit einem doppelten Bauernopfer konnte er sich zwar befreien, mußte aber in einem Endspiel mit klarem materiellen Nachteil unterliegen. Zu allem Übel kamen noch vier Gelnhäuser in extreme Zeitnot –  Fechenheim konnte den Sekt kalt stellen.

Doch in dieser scheinbar ausweglosen Situation schüttete die Schachgöttin Caissa ihr Füllhorn über die Barbarossastädter aus. Gelnhausens Spieler an Brett 3 erlangte noch einmal Gegenspiel. Karl-Heinz Baumbach ging mit einem Mehrbauern ins Turmendspiel und hatte damit eine hauchdünne Gewinnchance. Sebastian Bravo Lutz fand die Abwicklung in ein gewonnenes Endspiel. Der 16jährige mußte wegen des Schicksalsspiels in Fechenheim auf seine Teilnahme an der Sportlerehrung in  Gelnhausen verzichten und wurde jetzt zum ersten Hoffnungsträger eines stark angeschlagenen Teams. Am Spitzenbrett eroberte Michael Schmitt mit dem 40.Zug in seinen noch verbleibenden zehn Sekunden Bedenkzeit einen Bauern. Die Siegchancen für den Gelnhäuser Mannschaftskapitän waren allerdings minimal, da ein Mehrbauer in                    einem Endspiel mit ungleichen Läufern nur in Ausnahmefällen durchzudrücken ist - und ein solcher Ausnahmefall lag in der Stellung des „Weißen Hais“ nicht vor.

Stefan Reh und Armin Muth hatten in höchster Zeitnot einen zuverlässigen Freund - die digitale Schachuhr. Diese zeigt sekundengenau die verbleibende Bedenkzeit an - und derartige Hinweise hatten beide Gelnhäuser bitter nötig. Reh hatte noch neun Sekunden Bedenkzeit, als er einen feinen Turmzug fand, der ihm einen Tempogewinn               bescherte. Muth waren ganze vier Sekunden verblieben, als er einen Bauern zurückgewann. Allerdings stand Gelnhausens Brett 2 danach objektiv immer noch auf Verlust.

Die fünfte Stunde des Wettkampfs begann, als Bravo Lutz cool seinen Freibauern zur Dame marschieren ließ. Doch wenig später ging zur Enttäuschung der Barbarossastädter Brett 3 verloren, es stand 3:1 für Fechenheim.

Die sechste Stunde wurde eingeläutet. Karl-Heinz Baumbach hatte einige feingliedrige Turmmanöver vollführt und den gegnerischen König abgedrängt. Jetzt war sein Freibauer nicht mehr zu stoppen, der Gast hatte auf 2:3 verkürzt.

Eine halbe Stunde später trug der Tempogewinn von Stefan Reh Früchte, denn der Barbarossastädter konnte mit seinem Turm zwei Freibauern seines Kontrahenten gerade noch aufhalten.Und Muth opferte seinen Läufer, konnte dadurch mit seiner Dame in die gegnerische Stellung eindringen – und hatte plötzlich ein sicheres Remis auf dem Brett.

Jetzt konnte der „Weiße Hai“ Michael Schmitt guten Gewissens in das unvermeidliche  Remis einwilligen. Die Stellung mit ungleichen Läufern war festgefahren, und das  Unentschieden sollte einen Mannschaftspunkt sichern. “Wir haben noch einen Strohhalm gerettet“, meinte der Gelnhäuser Kapitän – als in der siebenten  Spielstunde das Wunder von Fechenheim geschah.

Muths Gegner, der 50 Züge lang auf Gewinn gestanden hatte, schaffte das psychologisch schwierige Umschalten auf ein Remis durch Dauerschach nicht. Der Fechenheimer  wollte noch einen Gewinnversuch unternehmen und lief in die Mattfalle des Gelnhäuser Glücksritters. Im Fechenheimer Spiellokal konnte man eine Stecknadel fallen hören. Lähmendes Entsetzen bei den Gastgebern, andächtige Stille bei den freudig-fassungslosen Barbarossastädtern.

Noch immer kopfschüttelnd versammelten sich alle um das Brett von Stefan Reh und sahen, wie dessen Turm die beiden letzten Bauern verspeiste. Sieg mit 4,5: 3,5 für Gelnhausen, das die rote Laterne an die unglücklichen Fechenheimer abgab. Fünf Mannschaften müssen am letzten Spieltag um den Klassenerhalt zittern, zwei werden absteigen. Fechenheim kann nur noch ein Sieg gegen Tabellenführer Neuberg retten. Offenbach III, Maintal, Oberursel III und Gelnhausen sind punktgleich. In Gelnhausen steigt das Abstiegsduell mit Oberursel – und die Barbarossastädter hoffen auf ein weiteres Wunder wie in Fechenheim ...       

Nach oben

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.