120215 Wahnsinn um Mitternacht

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Wahnsinn um Mitternacht

Schachspieler können abergläubisch sein. Drei „Wunder“ hatte Gelnhausens Erste bereits im Hotel Burgmühle erlebt, und so buchte sich auch die Gelnhäuser Zweite in der „Burgmühle“ ein, als der Meisterschaftsfavorit Offenbach III zum Spitzenduell der Bezirksliga anreiste. Spieler wie Zuschauer konnten nicht ahnen, dass sie einen Wettkampf erleben würden, der als der „Wahnsinn um Mitternacht“ in die Annalen der Gelnhäuser Schachgeschichte eingehen wird.

Die Chancen der Barbarossastädter standen schlecht, denn drei Stammspieler mussten ersetzt werden. Doch das Spiel begann mit einem Paukenschlag der Gastgeber. Philipp Schulz sah sich bereits in der Eröffnung einem wilden Opferangriff seines Gegners ausgesetzt. Doch der Offenbacher Stier rannte ins Leere und wurde von dem Gelnhäuser Torero ausgekontert. 1: 0 für den Aufsteiger Gelnhausen bereits nach einer Stunde!

Auch in den anderen sieben Partien standen scharfe Stellungen auf den Brettern, und meist gewannen die Lederstädter die Oberhand. In der vierten Spielstunde verloren zwei Gelnhäuser Ersatzspieler . Und Michael Reul , der deutlichen Positionsvorteil erzielt hatte, kam in Zeitnot und musste in eine Zugwiederholung einwilligen – Remis. Kurz vor der Zeitkontrolle entschied Offenbach eine weitere Partie für sich. Der Barbarossastädter hatte auf seinen Angriff am Königsflügel gesetzt, doch die Attacke seines Kontrahenten am Damenflügel war schneller. Es stand 3,5 : 1,5 für den Favoriten, und Gelnhausen brauchte aus den letzten drei Partien schon zwei Siege und ein Remis, um das ersehnte 4: 4 zu retten. Aber Stefan Reh stand verdächtig, Armin Muth hatte ein theoretisches Remis im Turmendspiel auf dem Brett und Frank Wiesrecker stand aufgabereif . Während sich die Offenbacher aufs Feiern einstellten, befürchteten die Gelnhäuser Kiebitze gar ein 2: 6- Desaster – sie harrten nur noch aus, um ihren Kameraden Trost zu spenden.

Stefan Reh und sein Gegner waren in hoher Zeitnot, als der Gelnhäuser einen gefährlichen Angriff startete. Ein Computer hätte die Attacke widerlegt, doch Menschen zeigen Nerven – und der Offenbacher verlor die Dame. Reh hackte die letzten Züge bis zur Zeitkontrolle herunter und verkürzte auf 2,5: 3,5. „Darth Vader“ Armin Muth presste im Turmendspiel aus einer Billardkugel Zitronensaft. Als sich sein Gegner eine Blöße gab, stach der Barbarossastädter sofort zu und schritt dann wie eine Maschine zur Liquidation. Zehn Minuten vor Mitternacht sorgte der dunkle Muth für den Ausgleich.

Dennoch keine Freude bei Gelnhausen , denn „Mister Fränk“ war schachlich tot. Frank Wiesrecker hatte noch ganze zwei Minuten auf der unerbittlichen Schachuhr, sein Kontrahent hatte bei sieben Minuten Restbedenkzeit drei klare Gewinnwege. Der Offenbacher wählte eine objektiv richtige, aber komplizierte Abwicklung in ein Endspiel mit Dame und vier Mehrbauern gegen zwei Türme. Dabei hatte sich die Bedenkzeit auf beiderseits 20 Sekunden (!) reduziert. Der Barbarossastädter zog blitzschnell mit seinen gedeckten Türmen, der Offenbacher suchte nach einem nicht mehr vorhandenen Mattbild . Da blinkte die elektronische Uhr „0: 00“ – bei dem verzweifelten Gästespieler, denn Frank Wiesrecker hatte noch neun Sekunden Bedenkzeit übrig!

4,5 : 3,5 für Gelnhausen – ein nicht mehr für möglich gehaltener Sieg, erzielt durch schieren Kampfgeist und mit gütiger Hilfe der Schachgöttin Caissa. Die „Burgmühle“ wurde zum Tollhaus. Während die Gäste verzweifelt auf die Schachuhr starrten, prügelten die Gelnhäuser auf die breiten Schultern ihres „Berliner Bären“ ein. Durch die Burgmühle hallten die Beifallsrufe „ Fränk, Fränk“ und „Wahnsinn“. Einer brüllte: „Aufstieg“. So weit ist es noch nicht. Doch die Gelnhäuser Zweite steht drei Spieltage vor Saisonschluss mit zwei Punkten Vorsprung an der Spitze und will jetzt in die Bezirksoberliga aufsteigen.

 

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